Sarah von Vegan Guerilla – „Ich bin generell absolut glücklich mit meiner Lebensweise.“
© Björn Lexius Photography

Sarah von Vegan Guerilla – „Ich bin generell absolut glücklich mit meiner Lebensweise.“

Mit Vegan Guerilla führt Sarah Kaufmann einen der beliebtesten Blogs für Veganer, in dem sie auch regelmäßig Rezepte veröffentlicht. Das Team von SuperVeganer wollte daher von ihr wissen, wie sie immer wieder auf neue Gerichte kommt. In diesem Zuge haben wir direkt noch ein paar Fragen drangehangen, zum Beispiel, wie sie überhaupt zum Veganismus gekommen ist.

Vegan Guerilla hat seit seinem Start tausende Fans gewonnen – hättest du beim Start deines Blogs jemals an eine so große Resonanz geglaubt?

Nein, absolut nicht. Ehrlich gesagt war das auch gar nicht mein Ziel. Ich wollte damals einfach nur ein paar Rezeptideen für mich selbst und ein paar FreundInnen festhalten. Zu ein paar davon sagte ich beim Start des Blogs so etwas wie: “Das guckt sich außer euch doch eh keiner an.” Das wird mir bis heute ab und an spaßeshalber von entsprechenden Leuten vorgehalten.

Was war überhaupt der Anlass für dich, sich vegan zu ernähren?

Als Vegetarierin bildete ich mir ein, ich würde mich ethisch konsequent ernähren. Zu dem Zeitpunkt hatte ich schon recht viele vegane FreundInnen in meinem Freundeskreis, aber über viele Dinge (z.B. Produktion von Milch oder Eiern) habe ich mir damals nicht wirklich Gedanken gemacht. Irgendwann wollte ich dann ausprobieren, mich eine Woche vegan zu ernähren. Als ohnehin schon Vegetarierin schien mir diese Woche jedoch nicht so, als hätte ich es ernsthaft probiert – da ich letztlich vor allem auf die Milch im Kaffee und den Käse auf meinem Brötchen verzichtet habe. Ich verlängerte meine Testphase auf einen Monat und fing in dieser Zeit auch an, mich erstmalig ernsthaft mit den Gründen für Veganismus auseinanderzusetzen, las viel und schaute viele Videos. Das änderte auch das Gefühl, ich müsse als Veganerin auf irgendetwas “verzichten” schlagartig, da ich feststellen musste, dass mein Vegetarismus alles andere als konsequent war. Seitdem bin ich beim Veganismus geblieben.

Sich vegan zu ernähren und vegan zu leben, sind zweierlei Dinge – Wie würdest du es kurz und knapp in ein, zwei Sätzen beschreiben?

Vegane Ernährung ist der Verzicht auf jegliche tierische Lebensmittel. Vegan leben bedeutet, neben der veganen Ernährung, nichts Tierisches in allen anderen Bereichen des Lebens zu verwenden, also zum Beispiel keine Kleidung (mit Leder, Seide, Wolle etc.), keine Kosmetik oder Putzmittel etc. zu kaufen, die an Tieren getestet werden oder tierische Inhaltsstoffe beinhalten.

Dein Blog ist mit all deinen Rezepten dein Hobby – wie kommst du immer wieder auf neue und einzigartige Rezepte?

Das ist eigentlich gar nicht so schwer. Mir macht es Spaß neue Ideen für Essen auszuprobieren, die ich in der Form oder Kombination noch nie auf dem Teller hatte. Außerdem gibt es extrem viele Zutaten, die beim Kochen oft vernachlässigt werden und noch viel mehr Kombinationen von diesen leckeren Dingen. Auch ein Blick über den mitteleuropäischen Tellerrand kann da helfen: Es gibt kulinarisch gesehen unendlich viel zu entdecken auf dieser Welt.

Rezeptideen von Vegan Guerilla. © Sarah Kaufmann @ veganguerilla.de

Rezeptideen von Vegan Guerilla. © Sarah Kaufmann @ veganguerilla.de

Was ist dein absolutes Lieblingsgericht?

Oft ist mein Lieblingsgericht etwas, dass ich gerade frisch für mich entdeckt oder das erste Mal zubereitet habe. Die Liste von Gerichten, die ich liebe, ist dementsprechend ziemlich lang und oft habe ich ungefähr jeden Tag dreimal so viele Vorstellungen von dem Wort Lieblingsgericht wie die Woche Tage hat. Generell liebe ich jedoch alles mit Seitan, Avocado, Mango, Rucola und Beeren.

Du lebst zurzeit in Brasilien. Wie sieht es dort mit der veganen Ernährung aus? Gibt es große Unterschiede?

Das lässt sich bei einem Land, was knapp 24-mal so groß wie Deutschland ist, schwer pauschalisieren. In den Großstädten an der Südküste ist es ziemlich leicht, sich vegan zu ernähren – vergleichbar mit europäischen Großstädten. Dort gibt es tolle vegane Restaurants, eine gute Auswahl an veganen Lebensmitteln in den Supermärkten, ein paar kleine vegane Läden etc. Im Norden, Hinterland und in kleineren Städten hingegen ist es durchaus um einiges schwieriger – sei es irgendwo essen zu gehen oder auch bestimmte Produkte einzukaufen. Um ein paar Beispiele zu geben: In der Stadt, in der ich aktuell lebe, lässt sich zwar in den meisten Supermärkten Sojadrinks finden, andere pflanzliche Sorten sucht man hier jedoch vergeblich, und falls man mal eine findet, kostet die locker das drei- oder vierfache wie in Deutschland. Auch so etwas wie Tofu musste ich länger suchen, ebenso wie Sojasahne, vegane Schokolade, Nussriegel, Agavendicksaft und Aufstriche, welche ich bisher nur in einem Reformhaus hier gefunden habe. Einiges davon ist aber auch nicht immer da. Dazu kommt, dass auch diese Produkte hier zum großen Teil teurer als in Deutschland sind. Nüsse und Trockenfrüchte sind ebenfalls unglaublich teuer. Seitan und Ersatzprodukte jeglicher Art gibt es nicht. Vernünftiges Brot (also alles was nicht Toast ist oder ein paar Körner hat) sucht man ebenfalls vergeblich. Im Fall Seitan, Brot und Aufstriche bedeutet dies für mich: Selbermachen. Was Obst und Gemüse angeht ist die Auswahl ebenfalls ganz anders als in Deutschland: viele Sachen, die bei uns wachsen, habe ich hier noch nicht gesehen. Dazu gehören unter anderem Chicorée, Sellerie, Rotkohl, Sauerkraut, Feldsalat, Rucola und Spinat (wobei es von beidem eine brasilianische Version gibt, die jedoch etwas anders schmecken als die in Europa bekannten), Lauch und einiges mehr. Dafür gibt es an jeder Ecke frische Kokosnüsse, Maracujas, Mangos, Ananas und andere Tropenfrüchte, die alle tausendmal besser schmecken als zu Hause. Auch Mandioca und Mandioquinha sowie einige andere kartoffelähnliche Gemüse, Kochbananen usw. gibt es zuhauf. Von daher landet hier schon einiges auf meinem Teller, was ich in Deutschland nur selten oder gar nicht esse.

Du wirst in São Paulo auf einem der größten Tierrechtstreffen in Brasilien einen eigenen Vortrag halten. Was bedeutet das für dich?

Genaugenommen ist das Treffen in Porangaba, also im Bundesstaat São Paulo und nicht in der Stadt. Eigentlich wollte ich dort nur als Besucherin hin und mir die knapp vier Tage Vorträge, Workshops etc. anschauen. Die Einladung dort auch zu sprechen kam also überraschend, wobei ich mich natürlich darüber gefreut habe. Andererseits habe ich etwas hin und her überlegt bevor ich zugesagt habe – da ich eigentlich kein großer Fan davon bin, im Mittelpunkt zu stehen. Letztlich habe ich dann jedoch entschieden den Vortrag zu halten, weil die Gelegenheit sich so mit den brasilianischen Aktivisten über ein Thema auszutauschen, was mir sehr am Herzen liegt, vermutlich einmalig ist.

Wie gehst du mit dem schweren Thema rund um Tierschutz um? Was tröstet dich? 

Tierschutz finde ich persönlich nicht weit genug gedacht. So etwas wie kürzere Transportzeiten von Tieren zu Schlachthöfen, ein vermeintlich “besseres” Leben und Biofleisch/ Eier etc. trösten mich dementsprechend ehrlich gesagt gar nicht. Ich gehe ja auch zu niemandem nach Hause und grille mir sein/ ihr Haustier, weil es “ein tolles Leben hatte”.

Auf welche Schwierigkeiten stößt du im Alltag aufgrund deines Veganismus? 

Natürlich ist es als VeganerIn nicht immer möglich alles überall einzukaufen. Ab und an werden einem irgendwelche Vorurteile oder seltsame Fragen an den Kopf geworfen. Als Schwierigkeiten sehe ich das eigentlich alles nicht so wirklich an, schließlich ist es eine freiwillige und bewusste Entscheidung so zu leben.

Und was sind die positiven Momente?

Ich habe seitdem ich vegan bin viele fantastische engagierte Menschen kennengelernt, erhalte aufgrund meines Blogs viel tolles Feedback (woraus oftmals auch ein sehr interessanter Austausch entsteht) und bin generell absolut glücklich mit meiner Lebensweise.

Großes Dankeschön für die Zeit und deine Antworten, liebe Sarah!

© Sarah Kaufmann @ veganguerilla.de

© Sarah Kaufmann @ veganguerilla.de

Übrigens: Die gesamte Redaktion von SuperVeganer ist großer Fan von Sarah und ihren Rezepten. Es wurden schon viele Gerichte ausprobiert und für absolut lecker befunden. Bei Sarahs Rezepten spürt man direkt die Leidenschaft und Liebe, mit der sie ihren Blog und ihre vegane Lebensweise führt. Unsere Redaktion hat hierfür ihre Top 3 ausgesucht, die ihr auf alle Fälle einmal nachkochen müsst:

Erdnuss Patties mit Papayasauce

Bärlauch-Spinat-Pekanuss-Pesto mit Spaghetti & Gyros

Avocado-Kichererbsen-Salat

Weitere Rezepte findet ihr unter www.veganguerilla.de.

Viel Spaß beim Kochen und guten Appetit!