Veganes Leben im Datenzeitalter
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Veganes Leben im Datenzeitalter

Es gab eine Zeit, da waren elektromagnetische Strahlen das neue große Ding der Wissenschaft. Die Medizin hat Körper durchleuchtet anstatt sie aufzuschneiden. Heute wird gezählt. In Wissenschaft, Wirtschaft und bei der Selbstoptimierung werden Kommunikation, Atome und Kalorien erfasst. Was hat das mit dem Veganer zu tun?

Wo verändern Daten die Ernährung?

Überall. Ob in der Produktion oder beim Transport: Bis hin zur Bedarfsplanung machen Prognosen auf immer breiteren Datenbasen große Effizienzgewinne möglich. Und mehr Effizienz bedeutet größere Verfügbarkeit bzw. geringerer Preis. Das Beispiel der Agrarwirtschaft: Die Verarbeitung und Verschränkung von Klima-, Saatgut- Bewässerungs-, Logistik- und Bedarfsdaten macht ganz neue Produktionmechanismen möglich – und vermeidet dabei Umweltschäden und Überproduktion. Große Marken lösen damit für sich freilich auch andere Probleme:

Wie lässt sich der Geschmack von Marken-Orangensaft über Jahre und Kontinente konstant halten?

“Mother Nature doesn’t like to be standardized”.

Jim Horrisberger, Beschaffungschef der Saftabfüllanlage von Coka Cola in Auburndale, Florida, baut eine globale Saftpresse, um das Problem wechselhafter Saftqualität zu lösen. Um gleichbleibenden Geschmack zu gewährleisten, errechnet ein geheimes System aus Live-Erntedaten tausende Geschmacksindikatoren, die dann zum typischen Minute-Maid-Orangengeschmack zusammengesetzt werden. Bis zu einer Trillion Entscheidungsvariablen machen diese Big Data-Lösung zu einer der komplexesten Anwendung von Business Analysics überhaupt. Und hier werden nicht nur reiner Saft vermessen, sondern auch die Veränderungvon Haltbarkeit und Geschmack nach verschiedenen Verarbeitungsschritten und Zusätzen, die teilweise nicht auf der Zutatenliste aufgeführt werden müssen. SnackBox will dieses Prinzip auf die tägliche Essenauswahl ausweiten und mit Big Data die optimalen Zutaten für jeden Kunden zusammenstellen. Egal ob vegan, geschmacklich, kalorienarm, Rohkost, koscher, fair trade oder unter Berücksichtigung von Allergenen und saisonalen und lokalen Produkten.

Was macht Big Data mit unserer Ernährung?

“Quantify Yourself”-Technologien und Tracking durch Wearables machen es so einfach und genau wie nie, die eigene Ernährung zu überwachen. Inklusive der Auswirkungen auf den eigenen Organismus. Wie toll und gleichzeitig gruselig das in Zukunft werden kann, ist in Ursula Poznanskis Buch „Die Vernichteten” nachzulesen. Von der Live-Analyse von Gesundheitsdaten durch körpernahe oder implantierte Sensoren bis hin zu Empfehlung und Überprüfung der Ernährung sind ehealth-Technologien schon heute ein wachsender Teil unserer Realität. Die technische Ausrüstung wird uns immer mehr Kontrolle über unsere Ernährung verschaffen, damit wir bewusstere Entscheidungen treffen können. Das gilt natürlich nicht nur für neue Big-Data-Technologien, sondern auch für die immer größeren und komplexeren wissenschaftlichen Studien.

“Technik macht Ernährung – anders. Daten und vegane Lebensart jetzt im #SuperVeganer“

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Wer ist der Veganer als Konsument?

Einfache Ursache – Wirkung-Schemata haben es in unserer komplexen Gesellschaft schwer. Persönliche Entscheidungen sind niemals nur isoliert zu betrachten. Überraschende Erkenntnisse der Big-Data- Ära: Aus Airlinedaten wurde herausgelesen, dass Vegetarier seltener Flüge verpassen. Die Bestellung von vegetarischer Bordverpflegung wurde als Indiz dafür benutzt. Eine stichhaltige Erklärung für diesen Umstand fällt schwer. Denkbar ist aber, dass Menschen, die sich bewusster um die Gestaltung ihres Lebens kümmern – und ein gesondertes Menü bestellen – diesen Mehraufwand nicht ungenutzt lassen wollen. Das individuelle Essen als Anreiz für größere Leistungsbereitschaft. Freakonomics nennt sich diese Wissenschaft, die aus ungewöhnlichen Datensätzen neue Erkenntnisse gewinnt. Aber auch mit näherliegender Methodik lässt sich Interessantes zu Tage fördern.

Die Gesellschaft für innovative Marktforschung (GIM) in Heidelberg hat eine eine umfassende Studie zum Lebensstil des „New Veganism“ durchgeführt. “Mode, Hype oder echte Konsumströmung?” Über 100 Blogs, Onlinevideos, Foren, Shops, Messen und Experten wurden von GIM analysiert und so zum Beispiel geklärt, ob Berlin mit seinen 35 veganen Restaurants schon einen Sättigungspunkt erreicht hat. Wir werden der Studie bald einen eigenen Artikel widmen.

Registrieren Krankenkassen, dass man vegan lebt?

Jein. Zwar gibt es laut Vebu 900.000 Veganer in Deutschland, aber keine Krankenkasse, die vegane Ernährung in Bonusprogrammen oder gesonderten Tarifen berücksichtigt. Dafür aber kontroverse Beratungsprogramme. Während die Techniker Krankenkasse, Ergo oder die DKV über gesunde Ernährung informieren, hat PETA die pronova BKK als tierfreundlichste Krankenkasse ausgezeichnet. Warum? Das bleibt unklar. Außer Artikeln wie “Hilfe, mein Kind isst vegan!” und Rezepten scheint es dafür keinen Anlass gegeben zu haben. Die AOK Bayern hingegen wird von manchen Fleischlobbyismus unterstellt. Leider ist die Broschüre zu diesem Beschwerdebrief nicht online zu finden.

Selbst arbeiten die Krankenkassen also sehr zurückhaltend mit Daten, obwohl sie genau wie Wissenschaft und Industrie viel gewinnen könnten: Erleichterung für die Versicherten und Effizienz bei internen Prozessen. Ähnlich wie in der Wissenschaft ist es aber häufig der Gesetzgeber, der die Lage erschwert. Aber auch hier stehen die Zeichen auf Veränderung.

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